Historisch-Vergleichende Sprachwissenschaft

zurück

Projekt 'Performance'
Aussprache und Rezitation lateinischer und griechischer Texte (mit Audio-Files)

Phaedrus, Fabula 1.13: Corvus et vulpes / Rabe und Fuchs

Qui se laudari gaudet verbis subdolis,

Wer sich freut, wenn er mit listigen Worten gelobt wird,

Fere dat poenas turpi paenitentia.

büsst dafür meistens mit schmählicher Reue.
 

Cum de fenestra corvus raptum caseum

Als der Rabe einen vom Fensterbrett gestohlenen Käse

Comesse vellet, celsa residens arbore,

essen wollte, auf hohem Baume sitzend,

Vulpes hunc vidit, deinde sic coepit loqui:

sah ihn der Fuchs und fing so zu sprechen an:

"O qui tuarum, corve, pennarum est nitor!

"O welchen Glanz, Rabe, haben deine Federn!

Quantum decoris corpore et vultu geris!

Wieviel Zierde trägst du am Körper und im Gesicht!

Si vocem haberes, nulla prior ales foret".

Wenn du eine Stimme hättest, wäre kein Vogel dir vorzuziehen."

At ille stultus, dum vult vocem ostendere,

Jener aber, töricht, als er seine Stimme zeigen wollte,

Emisit ore caseum, quem celeriter

verlor aus dem Mund den Käse, den flink

Dolosa vulpes avidis rapuit dentibus.

der listige Fuchs mit gierigen Zähnen sich schnappte.

Tunc demum ingemuit corvi deceptus stupor.

Da endlich jammerte der getäuschte Rabe über seine Dummheit.

 

 
   
Inhalt: Rudolf Wachter, Webmaster: info-klaphil@unibas.ch, 25.06.2003